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Einbruch ohne Diebstahl zur Verdeckung eines Lauschangriffs?

Alle vier Minuten wird in Deutschland eingebrochen: Einbruch ohne Diebstahl – einfach Glück oder ein Alarmzeichen?

Abhörschutz-Experte bei der Durchsuchung

Die Tür aufgebrochen, eine Scheibe eingeschlagen: Die Zahl der Einbrüche in Deutschland steigt von Jahr zu Jahr. Nicht nur private Wohnungen und Häuser, auch Büros und Firmenräume werden häufig zum Tatort. Gerade hier ermittelt die Polizei aber auch immer öfter Kurioses: Die Einbrecher haben zwar ein Chaos hinterlassen, vielleicht auch noch die Kaffeekasse geplündert – die wertvollen Laptops etwa blieben dagegen unbeachtet zurück. Der Polizei spricht dann in aller Regel von „Beschaffungskriminalität“, der Unternehmer ist erleichtert, dass sich der Schaden in Grenzen hielt, der Fall im Handumdrehen abgeschlossen. Aber nicht selten folgt nach nach Monaten dann ein böses Erwachen.

Das Vorgehen von Einbrechern ist genauso vielfältig wie ihre Motive: Nicht allen geht es um den Diebstahl von Wertsachen oder Geld. Oftmals ist auch schlicht der Raub wertvoller Informationen das Ziel eines Einbruchs. Dazu müssen die Eindringlinge nicht einmal die Aktenschränke knacken: Schlaue Wirtschaftsspione tarnen ihr nächtliches Eindringen als Einbruch – und verbauen in aller Seelenruhe leistungsfähige Wanzen und andere Abhöreinrichtungen. Während Polizei und Geschäftsführung den Fall erleichtert zu den Akten legen – zum Glück hielt sich der materielle Schaden ja in Grenzen – fängt der Raub unbemerkt und im Stillen nun erst richtig an, weiß Sicherheitsexperte Gernot Zehner von der Ultima Ratio: „Häufig kommen die Wanzen auf diesem Weg ins Büro: Der fingierte Einbruch ist eine ausgesprochen beliebte Masche. Und das geschieht weit häufiger, als viele denken. Fachleute schätzen, dass rund 60 Prozent der deutschen Unternehmen schon einmal Opfer eines Lauschangriffs wurden oder noch bis heute sind.“

Aktueller Fall in Ulm

Erst im Januar 2014 traf es beispielsweise ein Architekturbüro im Raum Ulm: Einbruchsspuren gab es viele, aber der Schaden war gering. Ein verwüstetes Büro, verstreute Pflanzen und ein aufgebrochener Aktenschrank, in dem aber zum Glück keine der Archiv-Akten fehlte. Auch alle Rechner und mehrere neue, hochwertige Tablets waren unangetastet auf den Bürotischen liegen geblieben. Der offensichtliche Diebstahl von 90 Euro aus der Kaffeekasse rechtfertigte den Einbruch zwar keinesfalls. Die Polizei ging aber trotzdem von Beschaffungskriminalität oder einem Amateur aus. „Zunächst war die Freude beim Inhaber groß, bis ein Tipp den Unternehmer auf eine beängstigende Idee brachte: Dass nämlich ein anderes Motiv hinter dem Einbruch gesteckt haben könnte“, berichtet Gernot Zehner. Das Architekturbüro war für seine wohlhabende Kundschaft bekannt, so dass der Verdacht nahe lag, ein Konkurrent habe es auf Kundendaten und Architekturentwürfe abgesehen.

Gleich viermal Glück gehabt

Ein professionelles Lauschabwehrteam wurde dann tatsächlich rasch fündig: Eine Wanze befand sich im Telefonhörer des Geschäftsführers, eine weitere im Telefonhörer der Assistentin und eine dritte in einer Stehlampe im Besprechungsraum. Eine vierte konnte von den Lauschabwehrtechnikern im Innern eines Kabelkanals geortet werden, in dem auch die Telekommunikationsleitungen verliefen. So sollten die Telekommunikationsverbindungen, inkl. der Faxleitung überwacht werden. Der Schaden dieses Lauschangriffs wäre den Architekten weit teurer zu stehen gekommen als der Verlust seines technischen Inventars: „Wären diese Abhörvorrichtungen unentdeckt geblieben, hätte der Konkurrent mit den so erschlichenen Informationen ganz einfach Kunden angehen und mit gezieltem Unterbieten abwerben können“, betont Gernot Zehner von der Ultima Ratio.

Wie können Firmen sich schützen?

Sprichwörtlich gerettet hat den Architekten der Hinweis seines Anwalts. Für das Thema sensibilisiert zu sein, ist auch die beste Schutzmaßnahme, erklärt Sicherheitsexperte Zehner. „Unternehmer, die Opfer eines Einbruchs geworden sind, sollten immer im Hinterkopf haben, dass es den Tätern dabei möglicherweise gar nicht um materielle Güter ging, sondern um Know-how und der Einbruch, samt hinterlassenem Chaos nur reine Ablenkung war.“ Für die Relevanz des Problems spricht, dass selbst das Bundesamt für Verfassungsschutz Unternehmen mittlerweile zu diesem Thema berät und dazu ein eigenes Faltblatt herausgegeben hat. Hier heißt es beispielsweise: „Fragen Sie sich, ob es einen auffälligen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des Diebstahls und einem firmenrelevanten Ereignis gibt.“ Möglicherweise ist schützenswertes Firmenwissen entwendet worden und für die Täter gibt es jetzt weitere Zugriffsmöglichkeiten. „Unternehmer sollten daher nach einem ‚harmlosen‘ Einbruch schnellstens aktiv werden“, rät der Gernot Zehner von der Ultima Ratio. Es lohnt sich, schon beim geringsten Verdacht auf Nummer sicher zu gehen und die Räume von erfahrenen Fachleuten untersuchen zu lassen – nur die können zuverlässig sicherstellen, dass keine Abhöreinrichtungen zurückbleiben.

Ein Profi-Check ist bereits ab einem kleineren, vierstelligen Betrag zu haben.